Jungfräulichkeit in der westlichen Kultur

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Jungfräulichkeit in der westlichen Kultur


TW: Sexuell explizite Bilder, sexuell explizite Sprache, sexualisierte Gewalt, Rassismus, Sklaverei (nur Nennung), Heteronormativität, Transmisia, Antisemitismus, Gadje-Rassismus, Nationalsozialismus, Genitalverstümmelung (nur Nennung).


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Disclaimer: Im folgenden Text soll das Phänomen der Jungfräulichkeit in der westlichen Medienlandschaft und (Pop)Kultur diskutiert werden, dafür muss sich leider an einigen Stellen auf heteronormative und transexkludierende Sprache/Forschung berufen werden. Es wird sich bemüht, diese als problematisch zu kennzeichnen und – wenn irgendwie möglich – auf sie zu verzichten. Leider ist die Forschung und die Sprache in diesem Bereich nicht weit genug, um zu 100% auf solche menschenfeindlichen Darstellungen und Sprachmuster zu verzichten. Dafür entschuldige ich mich im Voraus.


Gibt es eine historische Jungfräulichkeit?

Denkt man an Jungfräulichkeit, so ist die erste Assoziation (zumindest aus kunsthistorischer Sicht) die Jungfrau Maria und ihre unbefleckte Empfängnis. Maria, die dafür bekannt ist, als Jungfrau ein Kind bekommen zu haben. Jungfräulichkeit wird im christlichen Glauben (und damit auch in der stark von ihm beeinflussten westlichen Kultur) spätestens seit Maria mit Reinheit und Erhabenheit gleichgesetzt. Doch Jungfräulichkeit als Motiv ist sehr viel älter als Maria und historisch heteronormativ.

ggIn der Frühantike gab es das Statuenmotiv der ‚tiefgegurteten Nymphe‘, das in der hellenistischen Hochphase der Antike weiter bearbeitet und ausgebaut wurde. Diese Abbildung weist auf eine Art Jungfrauengürtel hin, der für die Keuschheit der jeweiligen Frauen steht. Der Begriff ‚Nymphe‘ bezeichnet sowohl Halbgöttinnen als auch junge Frauen ab der Pubertät bis zu ihrer Hochzeit und noch spezifischer eine Braut an ihrem Hochzeitstag. Mit dem (halb)göttlichen Part wird vor allem Fruchtbarkeit assoziiert, die auf die jungen Frauen übertragen wird, die ab der Pubertät Reproduktionsfähigkeit besitzen. Bei einer Hochzeit wurde der Nymphe als Hochzeitsgöttin etwas geopfert – in der Zeit davor werden die jungen Frauen und Nymphen generell tiefgegürtet dargestellt. Der Gürtel symbolisiert ihre Reinheit, Unschuld und – am wichtigsten von allem – ihren Glauben. Auch die Tempeldienerinnen waren jungfräulich und ihre ‚Verunreinung‘ durch lüsterne Götter macht mehrere Kapitel in der griechischen und römischen Mythologie aus. Religion fungierte über Jahrhunderte hinweg aber auch als Schutz für Frauen, wie Elizabeth Castelli in Virginity and Its Meaning for Women’s Sexuality in Early Christianity schreibt. Wie effektiv dieser Schutz war/ist, ist jedoch in Frage zu stellen, wie sich an den jüngeren Skandalen in der katholischen Kirche zeigt.

Jungfräulichkeit und Religion stehen seit Jahrtausenden in direkter Korrelation. Diese religiös-motivierte Ambivalenz zwischen gut und böse, rein und unrein, jungfräulich und sexuell aktiv besitzt einen Genderbias, der an dieser Stelle nicht außen vor gelassen werden darf. Der erste große Hinweis auf ein geschlechterbasiertes Ungleichgewicht ist das Wort ‚Jungfrau‘, beziehungsweise ‚Jungfräulichkeit‘ – beides Begriffe, die wir im modernen Kontext auch für Männer/männlich Gelesene verwenden, obwohl sie sich historisch und sprachlich auf ‚junge Frauen‘ beziehen. Von Männern wird (je nach Zeit/Kultur/Stand) erwartet, bereits vor der Ehe sexuell aktiv zu werden – beziehungsweise wird es mindestens nicht sanktioniert oder zwingend auf ihre Mangel an Religion und Charakter zurückgeführt. Die Frage ist: Wenn von jungen Frauen erwartet wird bis zur Ehe zu warten, wo sollen junge Männer dann eine Partnerin finden? Dieses System setzt sexualisierte Gewalt, Untreue und/oder Sexarbeit voraus, wobei es jedoch den weiblichen Part in dieser Gleichung automatisch abwertet. Weibliche Sexualität muss existieren, um die Anforderungen an Männer zu erfüllen, wird gleichsam jedoch als unmoralisch und unrein konnotiert.

Sexuelle Inaktivität wird, in ihren Wurzeln, schon immer auf Frauen/weiblich Gelesene reduziert und zugeschnitten. Wann immer (im historischen Kontext) auf eine sexuell inaktive Person hingewiesen wird, geschieht dies mit Verweis auf deren weiblich konnotierte Geschlechtsmerkmale. Auch, wenn die Person männlich ist/gelesen wird. Ist ein Mann sexuell (noch) nicht aktiv, so ist er eine ‚Pussy‘ oder ein ‚Mädchen‘ oder wird mit ähnlichen weiblich konnotierten Beleidigungen konfrontiert. Dies beginnt bereits im Mittelalter, bei Werken wie der mittelhochdeutschen Versnovelle Helmbrecht von Wernher dem Gärtner (zwischen 1250 und 1280). Aber auch aktive Sexualität wird von weiblich konnotierten Geschlechtsmerkmalen und Reifemerkmalen abhängig gemacht. So ist Sexualität immer von dem Eintritt der Periode bestimmt, erst dann kann historisch gesprochen geheiratet werden, denn erst dann ist es möglich Kinder zu zeugen. Das Alter und die Reife des Mannes sind nicht wirklich entscheidend. Jungfräulichkeit wird an das Hymen geknüpft, was nur in weiblich gelesenen Körper existiert und weibliche Sexualität darf in historischem Kontext nur dann existieren, wenn daraus Kinder entstehen können, alle anderen Formen sind tabuisiert.


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Lilith, John Collier (1892)


Blut und Schmerzen – ein toxischer Mythos

Jungfräulichkeit als Konzept tritt in vielen Muster auf. Besieht man sich die weibliche Entjungferung, so trifft man auf Bilder und Informationen, die Angst hervorrufen und Sexualität als etwas Schmerzhaftes konnotieren. Diese Motive haben einen gemeinsamen Nenner: das Hymen, auch Jungfernhäutchen genannt.

Die Vorstellung vieler (gerade junger) Menschen ist, dass diese ‚Haut‘ bei der ersten Penetration einreißt und dabei Schmerzen verursacht, die die Person mit Vagina ertragen muss, da dies eben ’natürlich‘ und ’normal‘ sei. Doch ist man sich in der Forschung seit Jahrzehnten bewusst, dass dies ein gefährlicher Mythos ist:

Abundant myths exist in different cultures portraying hymen as the icon of spotlessness obligatory to be cracked at the first night of marriage but the reality discloses it as a very subtle mucosal tissue lining the vaginal opening procuring different shapes and may be thin, elastic, thicker and less stretchy. […]

Some [people with hymens] contemplate that this tissue must break at the first penile penetration but this ‚first time‘ belief is a myth. […] In some […] a small amount of this tissue may break out but this may not necessarily happen for the very first time. Sexual intercourse must occur when [the person with the hymen] is aroused, relaxed, lubricated where the penetration must be done slowly if it is the first time as in such cases question of bleeding can be ignored. Forceful penetration may upshot in bleeding however, some women bleed due to non-flexible nature of their hymen.

(Dr. Navodita Maurice, Hymen and Virginity: A Social Humiliation, 2015)

Bevor man sich mit der Umsetzung in Medien und Kultur beschäftigt, muss man zunächst diese Mythen adressieren und widerlegen. Denn was Dr. Navodita Maurice schreibt, ist leider nicht so bekannt, wie es sein sollte. Hymen sind keine magischen Vagina-Siegel, die bei dem ersten sexuellen Kontakt automatisch brechen. Sie sind dehnbar und reißen oft gar nicht oder durch Aktivitäten, die nichts mit Sex zu tun haben, wie bei generellem Sport, Reiten, Fahrradfahren, etc. – ein Grund, warum Frauen in manchen Zeitabschnitten verboten wurde, diese Aktivitäten auszuüben.

Der Mythos einer schmerzhaften Entjungferung ist etwas, was bis heute als Allgemeinwissen gilt. Heteronormativer Sex muss für Menschen mit Vagina, zumindest die ersten paar Mal, wehtun – so heißt es. Das ‚erste Mal‘ wird von Medien, populärer Kultur und über Generationen weitergegebenes Halbwissen so spezifisch als unangenehm und schmerzhaft definiert, dass viele es erst später in ihrem Leben hinterfragen. Die Schmerzen kommen, wie Maurice in ihrem Rechercheartikel festhält, von erzwungener Penetration oder fehlender Vorbereitung. Die Idee, dass Sex etwas ist, was Menschen mit Vagina im jungen Alter nicht mögen können (und dürfen) wird durch Jahrhunderte des Patriarchats gefestigt. In diesem wird die Unterdrückung von weiblicher (bzw. als weiblich gesehener) Sexualität durch ebensolche Mythen erreicht. Hinzu kommt, dass die Schmerzen als Grundlage für die Entjungferung ein Weltbild stützen, in dem die Person mit Vagina gegen ihren Willen entjungfert wird – etwas was besonders in Medien, die an das Mittelalter angelehnt sind, gerne aufgegriffen und als Fakt verkauft wird.

Auch das Bluten bei der Entjungferung ist Teil dieser Darstellung und wird, gerade in der Serie Game of Thrones, deutlicher noch in den Büchern dazu, zu etwas stilisiert, was Grauen und Ekel, aber auch Faszination hervorrufen soll. Dies läuft unter zwei Annahmen:

  1. Wenn die Person nicht blutet, hatte sie schon Sex.
  2. Blut ist ein Anzeichen dafür, dass der Sex nicht einvernehmlich ist.

Die erste ist, wie in diesem Beitrag nun geklärt wurde, nicht wahr. Nicht alle Menschen mit Hymen bluten beim ersten Mal, das Hymen kann beim Sex gar nicht reißen oder bereits zuvor gerissen sein.

Hinter der zweiten Annahme steckt etwas, was nicht einfach als falsch gedeutet werden kann. Denn ja, das generelle Konzept von Schmerzen und Blut bei der Entjungferung kommt aus dem Gedanken, dass Sex für Menschen mit Vagina beim ersten Mal nicht angenehm sein kann/darf und die Person dabei bluten wird. Die automatische Verknüpfung von Gewalt/Schmerzen und Blut ist trotzdem nicht gerechtfertigt, denn auch wenn die sexuelle Handlung angenehm und einvernehmlich ist, kann es, je nach Körper, zu leichten Blutungen kommen. Diese dürfen nicht mit dem gewalttätigen Unterton solcher Szenen gleichgesetzt werden.


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Three Ladies Adorning a Term of Hymen, Joshua Reynolds (1773)


Der westliche Zwiespalt

Die Tatsache, dass wir Jungfräulichkeit an die Existenz eines kleinen Häutchens knüpfen, was nur Menschen mit Vagina haben, ist lächerlich, wenn man genauer darüber nachdenkt. Nicht-westliche Kulturen haben einen traditionell anderen Umgang mit Sexualität und Jungfräulichkeit, der im Zuge der Kolonialisierung an westliche Standards angepasst wurde – eine negative Entwicklung für Menschen mit Vagina in diesen Bereichen der Welt. So schreibt Eric Julian Manalastas über Jungfräulichkeit in den Philippinen, dass junge Frauen für ihre Sexualität bestraft werden, wohingegen junge Männer darin bestätigt werden – dieses Konzept von sexueller Männlichkeit und asexueller Weiblichkeit kommt aus der westlichen Kultur und wurde in die ganze Welt exportiert. Neben der Tatsache, dass es ganze Kulturen beeinflusste und das Bild von weiblicher Sexualität global veränderte sorgt es auch dafür, dass sexualisierte Gewalt normalisiert wird, denn die Frau/Person mit Vagina als passiver Teil und der Mann/die Person mit Penis als aktiver (sich etwas nehmender) Teil kommt genau aus diesem Weltbild.

Respekt und Jungfräulichkeit werden traditionell miteinander verbunden und gerade im westlichen Mittelalter entwickelten sich Strukturen, die jungfräuliche Frauen (und generell Menschen mit Vagina) als besonders rein – und begehrenswert kennzeichneten. Hier wurde die Jungfrau von einem Symbol für Reinheit zu einem Sexsymbol. Der Reiz des frischen, ‚reinen‘ und (noch) nicht eroberten Körper brachte gefährliche Konsequenzen mit sich. Ein Zwiespalt entwickelte sich: Einerseits wurde die sexuell inaktive Frau als Reinheitssymbol der Religion gefeiert, andererseits wurden nun aber alle Frauen, die begehrenswert erschienen, als Jungfrau stilisiert und tatsächliche Jungfrauen zum Sexsymbol erklärt.

Um es deutlich zu sagen: Jungfrauen wurden sexuell begehrt, verloren aber in der Sekunde, in der sie diesem Drang nachgaben (oder dazu gezwungen wurden) ihren Status und ihren Reiz. An dieser Entwicklung wurde ihnen dann selbst die Schuld gegeben.

Die Glorifizierung von Jungfrauen kann anhand von bekannten weiblich gelesenen Persönlichkeiten in der Geschichte verfolgt werden, wie etwa Joan of Arc und Königin Elizabeth I. Ob diese wirklich jungfräulich waren, ist im Endeffekt egal, denn die Menschen ihrer Zeit und alle, die folgten, begannen Zölibat, ‚Asexualität‘ und Verweigerung der Heirat in ihre ‚Marke‘ zu integrieren und es zu einem wichtigen Teil ihrer Persönlichkeit zu stilisieren, der historisch betrachtet nicht zwingend auf Fakten beruhen muss. Gerade historische Frauenfiguren, die sich Gott verschreiben und auf Sex verzichten, verkaufen sich gut – so schlimm es auch klingt. Schriftsteller*innen, Geschichtsschreiber*innen, Journalist*innen, Regisseur*innen, und weitere Medienproduzent*innen, die unser Bild von Kultur und Geschichte prägen, wissen, was Menschen lesen/hören/sehen wollen. Geschichten von Frauen, die sich widersetzten und rebellierten, sind ohne die sexuelle Komponente einfach nicht interessant genug. Es braucht einen Skandal oder eine Verweigerung, um weiblich gelesene Persönlichkeiten berühmt zu machen.

Dieser westliche Zwiespalt übt(e) sich negativ auf junge (weiße) Frauen aus, aber wie eigentlich immer in unserer Geschichte, traf es andere wesentlich härter. Denn die Reinheitsvorstellungen führten dazu, dass im Zuge des Kolonialismus alle weiblich gelesenen, die nicht weiß waren, automatisch als unrein gesehen wurden; auch der religiöse Schutz fiel weg – sie waren also der sexualisierten Gewalt seitens der Kolonialmächte ausgeliefert, ohne dass jemand dafür bestraft werden konnte. Sie konnten aus dem westlichen Weltbild heraus nicht weiter verunreinigt werden, erhielten keinen Schutz aus der christlichen Religion und waren für Ehen ungeeignet, womit also auch keinem zukünftigen Mann etwas weggenommen wurde. Die Sexualisierung von nicht-weißen Frauen und weiblich Gelesenen spielte ebenfalls in diese Sichtweise hinein und ihre Ausläufer können wir bis heute sehen. Menschen, die sexualisierte Gewalt erleben, wird eher geglaubt, wenn sie weiß sind und die sexuelle Selbstbestimmung von weißen Frauen gilt als schützenswerter als die von BIWoCs.


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Au Salon de la Rue des Moulins, Henri de Toulouse-Lautrec (1894)


Die Rolle der populären Kultur

In der populären Kultur wird seit dem 18. Jahrhundert ein gewisser Standard evoziert, der Jungfräulichkeit zu einem eigenen Thema macht. Der Keuschheitsgürtel ist ein gutes Beispiel hierfür. Historisch gesehen war der Gürtel ein Schutz vor sexuellen Übergriffen, der nur sehr selten tatsächlich genutzt wurde. Durch mediale Darstellung in der populären Kultur ab etwa 1750 (besonders in der Mittelalterromantik ab 1800) wurde er zu einem Zeichen der Überwachung und des „Auf-die-Ehe-Wartens“. Der strenge Vater, der die Sexualität seiner Tochter kontrolliert und dabei versagt wurde zu einem Symbol im Bürgerlichen Trauerspiel. Die Jungfräulichkeit als Tauschgut, als Wert der jungen Frauen, setzte sich fest in der Gesellschaft ab. Vermutlich noch fester, als wir es vom Mittelalter erwarten. Die Neuzeit war es, die diese Symbolik auf ein neues Level hob.

Diese Vorstellungen wurden in den 20ern teilweise aufgebrochen, als die (weibliche) Avantgarde-Literatur (Marieluise Fleißer) begann, mehr über sexuelle Stigmata zu schreiben und die Schande, die jungen Frauen/weiblich Gelesenen aufgelegt wurde, zu entpacken. Dies wurde nach dem Zweiten Weltkrieg lange verdrängt und erst in den 80ern wieder ausgepackt (Elfriede Jelinek).

Dazwischen begannen öffentliche Medien wieder auf alte Stereotypen zurückzugreifen, wie etwa sexuelles Erwachen bei jungen (unschuldigen) Frauen, die sexuell aktive Frau als böse/verrucht und mehr. In modernen Serien gibt es einen Zwiespalt zwischen altbackenen Mittelalterdarstellungen (wie Game of Thrones) und sexistischen Untertönen in eigentlich diversen Serien (Atypical (Darstellung der Frau als Mittel zum Zweck (Sex)), How to get away with murder (Jungfräulichkeitspackt, „Test“ zur Feststellung von Jungfräulichkeit, Slutshaming)). Selbst Serien wie Black-ish, die eigentlich solche Dinge entpacken, sind nicht immun gegen schlechte Recherche und Slutshaming gegenüber jungen Frauen. Wo der Sohn für sein erstes Mal gefeiert wird, bricht der Vater in Tränen aus, wenn er erfährt, dass seine erwachsene Tochter Sex hat.

Wenn in Serien wie Game of Thrones eine Vergewaltigung dazu führt, dass die Frau keine Jungfrau mehr ist, ihren Wert verliert und als „unrein“ gilt (Sansa Stark), aber einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Sex zwischen zwei Frauen nicht denselben Effekt hat (Margaery Tyrell) sendet das essenziell die Nachricht, dass eine Vergewaltigung eher als sexuelle Handlung akzeptiert wird, als Sex zwischen zwei Frauen.

Populäre Kultur spiegelt heteronormative und veraltet-sexistische Bilder von Sexualität wider und beeinflusst damit unser Denken und unsere Einstellungen – ohne dass wir es aktiv bemerken. Statt die Chance zu nutzen eine diverse Bandbreite von Jungfräulichkeit und Sexualität darzustellen, beruft sich die populäre Kultur auf sexistische, veraltete Standards. Wir haben kein Problem damit die sexuelle Erwachung von einer Vierzehnjährigen darzustellen oder sexualisierte Gewalt zu zeigen, aber Asexualität oder eine gesunde Beziehung von zwei Menschen, die nicht cis-hetero sind, geht zu weit. Wenn es in den Medien mal eine asexuelle Figur gibt, dann ist diese dick und weiblich – alles andere wäre ja „Verschwendung“. Und wenn es mal eine LGBTQ+ Figur gibt, so ist diese nicht geoutet oder wird gemobbt/verfolgt.


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The Flirtation, Eugen de Blaas (1904)


Männliche Jungfräulichkeit

Weiblich Gelesene stehen zwischen den Stühlen, wenn es um ihre Jungfräulichkeit geht; sie können es niemanden wirklich recht machen. Männlich Gelesene hingegen haben nur ein Ziel, wenn man den Medien glaubt: Sex. Die Vorstellung, die wir von jungen Männern haben ist, dass sie möglichst schnell sexuell aktiv werden wollen.

Ihnen wird abgesprochen, dass sie asexuell sein können oder auf die Ehe/richtige Person warten wollen. [Eines der wenigen Positivbeispiele ist Todd aus Bojack Horseman.] Damit schädigen wir nicht nur ihre Sicht auf Sexualität, sondern auch ihre Rolle in der Gesellschaft. Denn wenn wir – heteronormativ gesprochen – jungen Frauen beibringen, dass sie ja keinen Sex haben sollen, junge Männer aber dazu zwingen früh Sex zu haben, bleibt ihnen kaum eine andere Möglichkeit, als den weiblichen Part dazu zu überreden oder – im schlimmsten Fall – zu zwingen.

Männliche Jungfräulichkeit in den Medien dreht sich entweder darum, schnellstmöglich keine Jungfrau mehr zu sein oder – in seltenen Fällen – um religiösen Zölibat. Ansonsten spielt sie keine wirkliche Rolle. Wir nehmen bei jungen, männlich gelesenen Menschen einfach an, dass sie entweder bereits sexuell aktiv sind oder es sein wollen. Dementsprechend gibt es endlos viele Darstellungen von „coolen“ Teenagern, die ihre Freundin dazu überreden Sex mit ihnen zu haben, andere Jungen dafür auslachen noch Jungfrau zu sein oder ihre Freundin betrügen, weil sie „Triebe“ haben und diese sie nicht erfüllen wollte.

Diese „Triebe“ beruhen ebenso auf Pseudobiologie, wie der Umgang mit dem Hymen. Blue Balls wird als Begriff genutzt, um Frauen zu shamen, die einem Mann den Sex verweigern. Sein Sexualtrieb wird über die körperliche Selbstbestimmung der Frau gestellt.

Der Druck auf junge cis Männer möglichst früh sexuell aktiv zu sein schadet ihnen, übt sich jedoch ebenso negativ auf junge cis Frauen aus. Ihnen wird die Rolle des „Mittels zum Zweck“ zugeschrieben. Sie verlieren ihren „Wert“, damit der cis Mann seine Triebe erfüllen kann. Was sie wollen und welche negativen Auswirkungen dies auf sie haben kann rückt dabei in den Hintergrund.

Sex wird als etwas dargestellt, was vom Mann ausgeht. Die Frau erträgt es ihm zuliebe nur. Dabei ist es besonders wichtig, dass wir jungen Menschen zeigen, dass Sex mehr ist als Penetration und dass es immer mindestens zwei Personen benötigt, die es gleichermaßen wollen und sich der Konsequenzen bewusst sind. Verhütung spielt hierbei ebenfalls eine Rolle, denn cis Männer können nicht schwanger werden, was ihnen einen einfachen Ausweg aus der Diskussion um Verhütung ermöglicht. Die Konsequenzen sexueller Handlungen müssen von allen getragen werden, die an der Handlung beteiligt waren. Diese Grundsätze müssen vor allem jungen cis Männern klargemacht werden, bevor sie sexuell aktiv werden.

Wenn wir cis-männliche Jungfräulichkeit entpacken und die toxischen Zwänge ablegen wollen, müssen wir sie mit Verantwortung und Sexualkunde ersetzen, die Sex als etwas definiert, was Konsequenzen hat, nicht zwingend einen Penis beinhalten muss und nur stattfinden kann, wenn sich alle auf Augenhöhe begegnen und bereit sind eventuelle Konsequenzen gemeinsam zu tragen.


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La mort de Socrate, Jacques-Louis David (1787)


Heteronormativität und Jugendkultur

Die heutige populäre Kultur ist sehr sexorientiert. Alle Serien/Filme benötigen irgendeine Form der Sexualität. Dabei haben wir ein sehr definiertes Bild von Sexualität, in dem nicht alles gleichwertig ist. Wir wissen genau wann Sex passiert und warum – alles dreht sich um cis-männliche Triebe.

Bei Game of Thrones reicht eine Vergewaltigung, um einer Frau ihre Jungfräulichkeit zu nehmen. Dabei ist sexualisierte Gewalt nicht dasselbe wie Sex – die Frau muss keinen Sex haben, um als sexuelles, „verdorbenes“ Wesen gesehen zu werden. Wir wissen, dass wenn ein cis Mann Sex will, das auch passiert. Egal ob mit einem anderen cis Mann oder mit einer cis Frau. Der Penis ist der Fokus unseres Sexualitätsverständnis. Gleichgeschlechtlicher Sex zweier Frauen führt nicht dazu, dass sie im Sinne unseres Verständnisses ihre Jungfräulichkeit verlieren. Auch die sexuelle Erwachung von cis Frauen dreht sich in der Regel um einen cis Mann, der ihnen ihre „verruchte/schmutzige“ Seite zeigt. Der cis Mann ist der Held, die cis Frau verliert ihre Unschuld und ist nun ein sexuelles Wesen. Diese Darstellung kennt man aus Filmen, Serien, Büchern, Fanfiktions – sogar aus Videospielen.

Dabei ist Jungfräulichkeit nicht an einen Penis geknüpft! Penetration ist nicht das, was sexuelle Handlungen ausmacht. Ebenso wie das Hymen einer Person mit Vagina nicht bestimmt, ob sie „rein“ oder „unrein“ ist. Diese pseudo-medizinische Ansicht sorgt dafür, dass jedes Jahr mehr und mehr junge Menschen genital verstümmelt werden, um zu verhindern, dass sie ihre Jungfräulichkeit verlieren. Auch „Virginity-Testing“ existiert und hat furchtbare Ausmaße. Die Forscherinnen Benita de Robila und Louise Vincent untersuchen „Virginity-Testing“ in Südafrika und schreiben über die Konsequenzen für junge Menschen mit Vagina, die den Test nicht bestehen.

Sexualität dreht sich so sehr um traditionell männlich gesehene Geschlechtsorgane, dass junge Menschen nicht lernen, was Sex ist und was nicht. Sexualisierte Gewalt ist kein Sex. Sex ohne Penis ist Sex. Niemand muss Sex haben, um einen gewissen „Status“ zu erreichen, aber wenn jemand Sex haben will ist das alleinig die Verantwortung von ihnen den jeweiligen Partner*innen. Dem cis Penis wird in sexuellen Beziehungen alle Macht zugesprochen, dabei geht es um so viel mehr, als nur cis-männliche Befriedigung.

Die Heteronormativität sorgt dafür, dass wir weiblich gelesene Jungfrauen in Gruppen einteilen. Die einen sollen unbedingt Jungfrau bleiben und werden unter grausamen Methoden dazu gezwungen – die anderen sollen unbedingt heteronormativen Sex haben, da nichts anderes sie aus ihrer Rolle der Jungfrau herausheben kann. Es steht uncool aber unschuldig versus cool aber weniger wert.


Jungfräulichkeit wird in der LGBTQA+ Community anders definiert und ist um einiges Komplexer, als der westlich-heteronormative Standard. Hier einige Links zu Jungfräulichkeit/Sex bei trans Personen, Asexuellen und in der restlichen LGBQ+ Community.


Die heutige Jugendkultur ist sehr viel offener gegenüber diverser Sexualität, was oft dazu führt, dass der „neuen“ Generation eine Hypersexualität zugesprochen wird. Dem ist nicht so. Wir sind heute nicht sexueller als Generationen vor uns, wir haben nur die Chance unsere Sexualitäten offen zu leben. Ganz gleich welche Sexualität wir haben und inwiefern wir uns dazu entschließen sexuell aktiv zu werden.


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Punning visually on the lute in this brothel scene, Gerrit van Honthorst (1625)


Pornografie und (früh) Sexualisierung

Ein Grund für diese Öffnung ist Pornografie.

Pornografie wird generell tabuisiert, dabei ist es das einzige Medium, in dem Sex wirklich eine Rolle spielen muss – anders als in Serien/Filmen/Büchern/Videospielen ist die Grundprämisse eine einvernehmlich sexuelle Handlung zwischen zwei erwachsenen Menschen. Selbst wenn die Handlung nicht als solche dargestellt wird – legale Pornografie funktioniert nur, weil die Schauspieler*innen dahinter diese Ansprüche erfüllen.

Der richtige Umgang mit Pornografie kann jungen Menschen viel über Sex beibringen. Die Absprache hinter der Kamera, die Verhütung und vor allem die gemeinsame Grundlage, dass alle mit den geplanten Handlungen einverstanden sein müssen.

Die (berechtigte) Angst vieler Erwachsenen ist, dass Pornografie ein Bild von Sex vermittelt, was nicht der Realität entspricht. Dem ist auch oft so, allerdings werden junge Menschen so oder so mit diesen Bildern konfrontiert. Der Unterschied ist, dass wir die Darstellung von sexualisierter Gewalt in Serien wie Game of Thrones nicht verurteilen, die in Pornografie jedoch schon. Die Frühsexualisierung von Jugendlichen geschieht in der medien-definierten Welt des 21. Jahrhunderts, ob wir es wollen oder nicht. Pornografie hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber Serien/Filmen – sie befasst sich aktiv mit dem Thema, statt es nur als leeren Plot-Device zu nutzen.

Viele Pornodarsteller*innen arbeiten aktiv daran, ein Bild von Sexualität zu entwerfen das zeigt, dass jede Handlung (egal wie sie aussieht) nur okay ist, wenn alle Partner*innen damit einverstanden sind. Ganz gleich, ob es um heteronormativen Sex, nicht-heteronormativen Sex oder Fetische geht. Es gibt Pornografie, die Sexualitäten als Fetisch darstellt und das ist zu verurteilen, aber gleichsam steht hinter jedem legalen pornografischen Inhalt (der nicht gezeichnet ist) ein Team an Menschen, die alle freiwillig und aktiv dabei sind. Durch Pornografie werden alle Arten von Sexualität gezeigt – es gibt Genres für alle Sexualitäten und Präferenzen – ohne Verurteilung. Junge Menschen sehen ihre Sexualität in diesen Medien, nicht die heteronormative Filterung Hollywoods.

Erotische Medien (wie Pornografie, erotische Literatur, etc.) erfüllen eine wichtige Rolle in der Medienlandschaft. Sie umfassen die Themen, die es auch in anderen Medien gibt, und machen sie zum Fokus. Über diese Darstellungen können wir als Gesellschaft aktiv die Bilder steuern, die junge Menschen in dieser Hinsicht prägen. Ein offenes Gespräch über Pornografie und die Hintergründe von legaler (und illegaler) medialer Sexarbeit sind ein wichtiger Grundstock für das Verständnis von Sexualität und Jungfräulichkeit junger Menschen.


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Le déjeuner sur l’herbe, Édouard Manet (1863)


Fazit

Jungfräulichkeit wird in den (westlichen) Medien als ein fast ausschließlich cis-weibliches Thema dargestellt. Die heteronormativen Bilder evozieren ein Verständnis von Sexualität, was seit Jahrhunderten existiert und im 21. Jahrhundert langsam aufgebrochen wird. In der Antike gab es ein teilweise offeneres Verständnis von Homosexualität, was jedoch nicht so modern ist, wie gerne angenommen und spätestens durch das Mittelalter komplett aus der medialen Darstellung verschwand.

Nicht-heteronormativer Sex wurde lange auf cis Frauen beschränkt und galt nicht wirklich als sexuelle Handlung, sondern vielmehr als Fetisch, der besonders cis Männern als Sex-Fantasie diente (und teilweise bis heute dient). Das Verständnis von Sexualität geht so weit, dass sogar sexualisierte Gewalt eher als sexuelle Handlung gilt, als gleichgeschlechtlicher Sex ohne einen Penis.

Junge Menschen werden mit einer Darstellung von Jungfräulichkeit und Sexualität konfrontiert, die im Mediengedächtnis der letzten Jahrhunderte eine feste Form annahm. Diese dreht sich um cis-männliche Befriedigung und Schande für den cis-weiblichen Part. Die Heteronormativität wird im 21. Jahrhundert langsam abgebaut, findet sich jedoch trotzdem noch in den Medien – selbst in eigentlich offenen und diversen Serien/Filmen.

Der gemeinsame Nenner hinter diesen medialen und kulturellen Traditionen ist die primär-westliche Religion, genauer das Christentum. Die Unterdrückung weiblicher Sexualität wird nur von Darstellungen gebrochen, die sexuelle Aktivität als Statussymbol darstellen. Junge, weiblich gelesene Menschen stehen zwischen den Stühlen und müssen sich entscheiden zwischen zwei Rollenvorgaben, die beide positive und negative Konsequenzen mit sich bringen. Männlich Gelesene hingegen werden so aktiv darauf trainiert, sexuelle Aktivität als Lebensziel zu sehen, dass Respekt und Verantwortung dabei vernachlässigt werden. Die LGBTQA+ Community kämpft darum, wahrgenommen zu werden und die pseudobiologischen Annahmen rund um Sexualität und Jungfräulichkeit in den Medien abzubauen.

Wir haben als Gesellschaft noch einen langen Weg vor uns, Sexualität zu enttabuisieren und Jungfräulichkeit als Konzept abzuschaffen. Nur wenn wir es schaffen, das Konzept komplett zu vergessen, wird es für alle Menschen möglich, ihre Sexualität frei von Stigmata und toxischen Vorstellungen auszuleben – ganz gleich, ob sie überhaupt sexuell aktiv sein wollen und wenn ja wann und mit wem.


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Illustration für den Erotikroman ‚Aphrodite‘ von Pierre Louÿs, Maurice Ray (1931)


Linksammlung und Fachliteratur


Nochmals als Disclaimer: Leider schließt fast alle Fachliteratur die Existenz von trans Menschen und der generellen LGBA*-Community aus. Darauf sollte beim weiteren Nachlesen geachtet werden. Die Literatur ist fast ausschließlich auf Englisch, da im internationalen Raum mehr dazu geforscht wird.


  • Dr. Navodita Maurice: Hymen and Virginity: A Social Humiliation. (2015)
  • Dr. Iklim Goksel: Rhetorics of Virginity in Turkish Modernity. (2009)
  • Dr. Corinne Harol: Enlightened Virginity in Eighteenth-Century-Literatury. (2006)
  • Eric Julian Manalastas: Valuation of Women’s Virginity in the Philippines. (2018)
  • Terry P. Humphreys: Cognitive Frameworks of Virginity and First Intercourse. (2013)
  • Miriam Robbins Dexter: Indo-European Reflection of Virginity and Autonomy. (1985)
  • Elizabeth Castelli: Virginity and Its Meaning for Women’s Sexuality in Early Christianity. (1986)
  • Dr. Hannelore Winkler: Zur Jungfräulichkeit in der Antike: Die tiefgegürteten Nymphen. (2014)
  • Benita de Robila: ‚Girls‘ and virginity: Making the Post-Apartheid Nation State. (2009)
  • Louise Vincent:  Virginity testing in South Africa: Re-traditioning the Postcolony. (2006)
  • Jonas Eriksson/Terry P. Humphreys: Development of the Virginity Beliefs Scale. (2014)
  • Paige Averett: Virginity Definitions and Meaning Among the LGBT Community. (2014)

Theoriebesprechung von Friedrich Schiller: Das Erhabene

Das Erhabene

Theoriebesprechung von Friedrich Schiller: Das Erhabene (1801)


Im Folgenden wird, sofern nicht explizit anders gekennzeichnet, zitiert aus dem Kapitel Ueber das Erhabene in: Friedrich Schiller: Vom Pathetischen und Erhabenen. Schriften zur Dramentheorie. Hrsg. von Klaus L. Berghahn. Stuttgart 2009. S. 99-117.


Ueber das Erhabene erschien 1801 als Essay in dem Band Kleinere prosaische Schriften und schließt sich thematisch an Schillers Aufsätze Vom Erhabenen und Ueber das Pathetische an. In diesen Schriften setzt sich Schiller mit den Ideen Kants bezüglich des Erhabenen auseinander und setzt sie in Verbindung mit den Abhandlungen Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen und Ueber das Pathetische, indem er die Schriften zusammen publiziert. Der so erstandene Zusammenhang ist bei der Rezeption der theoretischen Texte zu beachten.

Was ist das Erhabene? Schillers Menschenbild

Vorab kurz dazu, was das Erhabene eigentlich ist – sofern man das denn feststecken kann. Denn das Erhabene wird von jedem/jeder Theoretiker*in neu definiert. Generell beschreibt das Erhabene alles, was wir als Menschen nicht (er)fassen können. Wenn wir etwa in der Natur sind und ihre Schönheit uns überwältigt oder wir unsere eigene Sterblichkeit und Ohnmacht durch etwas erfahren, wenn Naturgewalten wüten oder auch, wenn religiöse Menschen über Gott nachdenken. Was genau hat das mit Literatur zu tun? Bei Kant ist das Erhabene von dem Schönen und der Kunst abgekoppelt, bei Schiller jedoch nicht. Er schreibt der Kunst eine wichtige Rolle zu.

Um eine Basis für die folgenden Theorien zu schaffen definiert Schiller auf den ersten Seiten des Essays sein Menschenbild.

„[D]er Mensch ist das Wesen, welches will“ (S. 99)

So lautet die These, welche er noch auf derselben Seite erläutert. Der Mensch ist ein Wesen, wessen Prärogativ es ist, dass er mit dem gegebenen freien Willen und seinem Bewusstsein vernünftig handelt. Gewalt, hier als alles definiert, was gegen den Willen des Menschen geschieht, nimmt ihm dementsprechend die Menschlichkeit ab. Die Natur determiniert alles in und um sie herum, so auch den Menschen. Dieser hat sich im Rahmen der Evolution und technischen Fortschritts immer weiter ihrer Kontrolle entzogen und ist ihr in fast allen Fällen voraus. Nur der Tod, als letzte unumgehbare Komponente eines jeden menschlichen Lebens, bleibt bestehend.

Der Weg zur Freiheit

Folgt man Schillers Argumentation, so kommt man zu der Konklusion, dass ein jeder Mensch, so lange er dem Tod nicht entrinnen kann, nicht über freien Willen verfügt und somit seine Menschlichkeit abgesprochen bekommt. Schiller bietet zwei Lösungswege um der Gewalt zu entgehen:

Entweder r e a l i s t i s c h, wenn der Mensch der Gewalt Gewalt entgegensetzt, wenn er als Natur die Natur beherrschet; oder i d e a l i s t i s c h, wenn er aus der Natur heraustritt und so; in Rücksicht auf sich, den Begriff der Gewalt vernichtet. [sic] (S. 100)

Für diese beiden Möglichkeiten schreibt er dem Menschen zweierlei Kulturen zu, eine physische und eine moralische. Die physische Kultur soll dem Menschen durch Weiterbildung der sinnlichen Kräfte ermöglichen, die Natur bis zu einem gewissen Punkt zu kontrollieren. Da dieser Punkt spätestens beim Tod erreicht ist, braucht man die moralische Kultur. Sie soll uns dabei helfen zu begreifen, dass der einzige Weg aus der Beherrschung durch die Natur darin liegt, uns ihr zu unterwerfen.

Was im ersten Moment nach einem Widerspruch klingt, ergibt im Kontext mehr Sinn. In dem Menschen, spezifischer moralisch gebildete Menschen, welche die Fähigkeit dazu besitzen, die Punkte, an denen wir die Natur nicht kontrollieren können, als solche Annehmen und uns mit dem, was sie uns antut einverstanden erklären, ist es keine Gewalt mehr. Alles was von diesem Moment an folgt, was vorher ein Akt gegen unseren Willen war, fügt sich nun in unseren Willen ein. Damit ist in keiner Weise gemeint, dass man den Tod akzeptieren oder erwarten soll, wie es im Barock oft Thematik war, sondern dass man lediglich der Natur vorgreift, in dem man ihre Entscheidungen zu den eigenen macht.

Um dies zu verstehen und umzusetzen benötigt man, so Schiller, einen stärkeren Willen und mehr Klarheit, als es im restlichen Leben eines Menschen der Fall ist. Für das Erreichen dieser Qualitäten reicht es nicht aus, die moralische Seite von uns zu bilden. Wir müssen an die ästhetische Tendenz in unserem sinnlichen, physischen Wesen appellieren. Wie man aus der begrifflichen Einteilung durch Kant bereits erahnen kann, wird diese physische Seite von der Schönheit, die moralische von dem Erhabenen ausgebildet.

Die Schönheit und das Erhabene

Anders als bei Kant sind Schönheit und Erhabenes bei Schiller gleichwertig. Nur wenn sie beide zusammen in uns vertreten sind, befinden wir uns in der Lage, zu einem vollwertigen, moralischen Menschen zu werden. Das Schöne ist der Teil in uns, der trotz aller Versuche nicht von der Natur fortkommt. Indem wir uns wünschen, dass unsere Umgebung gut und schön sei, sind wir gefangen in unserem sinnlichen Denken. Wir machen uns durch unseren Wunsch von der Natur als unsere Umgebung abhängig. Die Stimme in uns, der es gleichgültig ist, ob Gegenstände um uns herum schön sind, die jedoch verlangt, dass dasjenige, welches bereits Existiert schön und gut sei, wird als das Erhabene bezeichnet.

Sehr einfach erklärt bedeutet dies, dass das Schöne in uns sich explizit von der Natur abhängig macht, durch den Wunsch von Schönem umgeben zu sein. Das Erhabene in uns verlangt von der Natur, dass alles, was sie schafft, schön ist und setzt sich so frei, da es sich in die Machtposition über der Natur stellt, statt sich unter ihr einzuordnen. Trotzdem sind beide Teile unabdinglich für unsere Menschlichkeit und den Begriff der Freiheit für uns:

Wir fühlen uns frey bey der Schönheit, weil die sinnlichen Triebe mit dem Gesetz der Vernunft harmonieren; wir fühlen uns frey beym Erhabenen, weil die sinnlichen Triebe auf die Gesetzgebung der Vernunft keinen Einfluss haben, weil der Geist hier handelt, als ob er unter keinem andern als seinem eigenen Gesetzen stünde. [sic] (S. 103)

Die Schönheit ist das erste, was uns als Menschen anzieht. Sie bildet uns für die ersten Lebensjahre, in welchen wir noch nicht bereit für das Erhabene sind. Während sich unser Geschmack formt, bilden wir uns moralisch weiter und entwickeln den Verstand, welcher unabdinglich für unsere Fähigkeit das Erhabene in uns aufzunehmen ist. Hier sind wir bereits bei der ästhetischen Erziehung angelangt, welche Schiller sehr eng mit seinen Gedanken über das Erhabene verknüpft. Die Schönheit begleitet uns bei allen sinnlichen Lebenserfahrungen, das Erhabene führt uns darüber hinaus. Zusammen bilden sie uns zu einem Menschen aus und machen uns zu dem, was wir sind.

Das Schöne alleine übernimmt einen großen Teil dieser Ausbildung, wir benötigen das Erhabene jedoch, um uns selbst zu erkennen. Erst durch die Erfahrung von etwas, dass über unsere übliche Fassungskraft hinausgeht und sowohl schön wie auch schaurig ist, wird uns klar, dass wir zwei Naturen in uns vereinigen. Wir alle besitzen zwei Seiten, welche komplett unterschiedliche Verhältnisse zu dem vor uns haben. Keine der beiden Instanzen dominiert, was uns als Mensch aufzeigt, dass wir die sind, die entscheiden und nicht eine der beiden Naturen.

Kants Einfluss und die Bedeutung von Fantasie

Die Aufteilung des Erhabenen in Fassungskraft und Lebenskraft ist stark an Kants mathematisches und dynamisches Erhabenes angelehnt. Sehen wir etwas, was die oben beschriebene Reaktion auslöst, so beziehen wir dies entweder auf unsere Fassungskraft in dem wir versuchen uns ein Bild davon zu machen, oder aber wir beziehen es auf unsere Lebenskraft und sehen unsere eigene Ohnmacht darin. Beides zeigt uns eigene Grenzen auf, jedoch ohne uns abzustoßen. Wir werden angezogen von dieser Unverständlichkeit von uns selbst. Unsere Fantasie ist es, die es uns erlaubt, über die eigentlichen Grenzen unserer Macht hinaus zu denken und das Erhabene überhaupt erst zu begreifen.

Wir ergötzen und an dem Sinnlichunendlichen, weil wir denken können, was die Sinne nicht mehr fassen, und der Verstand nicht mehr begreift. Wir werden begeistert von dem Furchtbaren, weil wir wollen können, was die Triebe verabscheuen, und verwerfen, was sie begehren. [sic] (S. 104)

Im Erhabenen wollen wir, was wir nicht wollen müssen und sind damit effektiv frei. Es ergibt keinen Sinn, dass wir uns von etwas angezogen fühlen, was uns verwirrt und unsere eigenen Grenzen aufzeichnet und doch hat es diese Wirkung auf uns. Indem wir uns davon distanzieren, was unser sinnlicher Teil will, sind wir vollends frei. Das Erhabene ermöglicht uns dies, durch seine eigene Unmöglichkeit.

Das Große und das Kleine

An dieser Stelle kann man sich fragen, ob es nicht unlogisch ist, wenn wir unseren Verstand nutzen, um etwas verstehen zu wollen, was unmöglich zu verstehen ist. Allerdings ist das Erhabene wichtig für unser Selbstverständnis, da wir selbst ebenso unmöglich sind.

„[D]as relativ Große (…) ist der Spiegel, worinn er das absolut Große in [sich] selbst erblickt.“ [sic] (S. 109)

Haben wir einmal das Große gesehen, so reicht uns das Kleine nicht mehr. Durch das Erwachen des Erhabenen in uns, wollen wir alles um uns herum sortieren und ordnen – auch die Welt an sich. Begreifen wir nun, dass man eben diese Größe nicht begreifen kann, so verstehen wir erst, was in uns selbst vorgeht. Unser Verstand, das Große in uns, ist ebenso unverständlich wie die Welt an sich. Das Chaos, welches keine Ordnung findet, macht uns ebenso aus, wie das unbegreifliche um uns herum. Einfach gesagt suchen wir in der Welt nach Verbindungen, weil wir annehmen, dass es sie geben muss. Wenn wir einsehen, dass dies nicht der Fall ist, sehen wir auch, dass unsere Vernunft genauso funktioniert. Auch in ihr gibt es diese Zweckverbindungen nicht. Wir lernen über unsere eigene Vernunft, in dem wir aufgeben zu versuchen, das Erhabene um uns herum verstehen zu wollen.

Doch nicht nur die Natur kann diesen Effekt auf uns haben, auch Menschen die einen erhabenen Charakter besitzen, können uns auf diese Spur bringen. Ein moralischer Charakter zeichnet sich dadurch aus, dass jemand die Tugenden besitzt. Warum ist für außenstehende unwichtig. Wir neigen dazu, die Absichten dieser Menschen zu hinterfragen, wobei das nicht nötig ist, so lange sie nur anhand der Tugenden handeln. Verliert ein Mensch jedoch alles, was ihn an diese Welt bindet, Status, Familie, Gesundheit, uns handelt noch immer nach den Tugenden, so ist er erhaben. Denn wenn jemand ohne weltliche Bindungen diese Moralvorstellung aufrechterhält, so ist dies für uns ebenso ungreifbar, wie die Macht des Erhabenen in der Natur. Unser Ideal ist das Leben in der sinnlichen Welt ohne unsere moralische Seite aufzugeben zu müssen. Schiller fasst diese Gedanken folgendermaßen zusammen:

Nur wenn das Erhabene mit dem Schönen sich gattet, uns unsre Empfänglichkeit für beydes in gleichem Maaß ausgebildet worden ist, sind wir vollendete Bürger der Natur, ohne deswegen ihre Sklaven zu seyn, und ohne unser Bürgerrecht in der intelligibeln Welt zu verscherzen. [sic] (S. 116)

Fassen wir an dieser Stelle einmal kurz alles zusammen, bevor die Rolle der Kunst diskutiert wird. Der Mensch ist nur frei, wenn er von nichts determiniert wird. Dazu muss er sich der Natur ergeben, um ihrer Gewalt zu entgehen. Für diesen Prozess benötigt er sowohl seine sinnliche Seite, als auch seine moralische. Das Erhabene hilft uns, unsere eigene Größe anzuerkennen und unseren Charakter so zu stärken, dass wir uns der Natur ohne Vorbehalte unterwerfen können um frei zu sein. Nun ist die Frage, wie genau dies erreicht werden kann. Hier kommt das Pathetische hinein, was Schiller in anderen Schriften ausbaut und erläutert.

Was ist das Pathetische?

Das Pathetische ist, stark verkürzt und vereinfacht gesagt, Leiden, welches durch die Kunst ausgedrückt wird und uns so ermöglicht, wie durch einen Filter hindurch dieses Leiden zu erfahren.

Schiller beschreibt verschiedene Möglichkeiten einer Umsetzung, von der Antike bis ins zeitgenössische Frankreich hinein. Das Pathetische ist ein künstliches Unglück, welches es uns ermöglicht aus sicherere Distanz heraus die erhabene Rührung zu erfahren. Normalerweise braucht der Mensch die Natur dazu. So wird man bei Kant durch das Erfahren einer Tragödie (ohne an ihr Teilzunehmen) in diesem Feld gebildet. Schiller eröffnet dem Menschen also eine Möglichkeit, ohne die Realerfahrungen diese Kompetenzen zu bilden.

Die Rolle der Kunst

Vorteile der Kunst sind zu einen die Konzentration des Leidens, da die Kunst sonst keine Aufgabe hat, anders als die Natur. Aber auch die Tatsache, dass uns reale Tragödien oft ohne Vorwarnung treffen und wir so zu emotional verwickelt sind, um das Erhabene zu erfahren, spielt eine wichtige Rolle. Wir trainieren an dem künstlichen, um für reale Ereignisse besser gewappnet zu sein. Um uns eine Tragödie zu bieten, muss in der Natur Gewalt geschehen. In der Kunst ist dies nicht der Fall. Künstliche Tragödien sind also in jedem Fall die menschlichere Variante.

Das Literaturcamp Heidelberg 2018 – ein Rückblick

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Das Literaturcamp Heidelberg 2018 – ein Rückblick


Wer mir auf Twitter folgt hat letztes Wochenende (16./17. Juni 2018) mitbekommen, dass ich auf dem diesjährigen Literaturcamp in Heidelberg unterwegs war.

Ich möchte euch natürlich auch ein bisschen berichten, wie es da so war, werde allerdings nicht auf die Sessions direkt eingehen, sondern eher auf das allgemeine Gefühl und die Dinge, die ich, mehr als die Inhalte der Sessions noch, mitgenommen habe.

Hier also der Bericht zum Event aus der Sicht eines Barcamp-Neulings.


Mein erstes Barcamp

Das Ticket hatte ich etwa eine Woche vorher durch Netgalley gewonnen und war dadurch ein wenig überrumpelt. Keine Fahrkarte, keine Unterkunft, kein Plan.

Ich twitterte meine Überrumpelung und hatte keine 30 Minuten später eine Unterkunft bei meiner wundervollen Kollegin Eva-Maria Obermann und eine Verabredung zu einer gemeinsamen Session mit Aurelia. Wir halten fest: das Netzwerk rund um das Litcamp ist einfach wundervoll.

Damit stand es fest, ich fahre aufs #Litcamp18 – mein erstes Barcamp.

Da ich freitags noch anderweitig eingespannt war und meine gute Freundin Sonia dazu überredet hatte, mit mir zum Camp zu fahren, ging es erst Samstagmorgen los – und wie es losging. Nämlich gar nicht, irgendwie.

Der Bus wollte nicht so wie wir und nach einigen Wutausbrüchen und Schimpftiraden gen Busunternehmen hatte Sonia uns schließlich einen anderen Weg organisiert nach Heidelberg zu kommen. Als wir endlich (gegen 11 Uhr morgens) am Dezernat 16 ankamen wurde mir erstmals so richtig bewusst, auf was ich mich da eingelassen hatte.

Überforderung und Einfindung

Ich stand mit Sonia am Rand und sah einen großen Raum mit Rund 200 Leuten darin, von denen ich bisher noch niemanden offline kannte. Es war, um es milde zu sagen, ernüchternd.

In solchen Momenten bin ich sehr froh eher extravertiert zu sein. Ist man schüchtern, kann ich mir gut vorstellen, dass man da Panik bekommen kann.

Zum Glück standen ein paar Camp-Helfer*innen bei der Anmeldung, die uns schnell auf der Liste abhakten und dann konnte es losgehen. Also theoretisch. Praktisch war ich froh, als ich Aurelia in der Schlange zur Sessionplanung entdeckte – sonst wäre ich erst mal still am Rand verweilt. Aber wir wollten ja eine Session halten. Also hallo sagen, kurz umarmen, sicher gehen, dass man auch die richtige Person angesprochen hat und dann warten, bis man dran ist.

Spoiler: Wir standen zu weit hinten. Also kurze Umplanung für eine Nachtsession, um den anderen den Vortritt zu lassen.

Jetzt bereits zu dritt warteten wir die Sessionplanung ab und stürmten dann zusammen mit dem halben Raum zum Planungsboard, um uns den Tagesplan zusammenzustellen.

Niemand kennt mich

Meine erste Session ging dann auch direkt los und so verkrümelte ich mich von meiner frisch gefundenen Gruppe und gesellte mich zu Benjamin Spang, dessen Session ich mir direkt anschauen wollte. Eine weitere ernüchternde Feststellung folgte auf den Fuß – niemand kennt mich. Online relativ bekannt, offline unbekannt und alleine. Ein seltsames Gefühl, vor allem wenn es scheint, als würden alle anderen sich schon seit Jahren kennen.

Egal, da muss ich jetzt durch! Nachdem man mit allen anderen Sessionteilnehmern die Twitternamen austauschte und sich gegenseitig gefolgt war, begann die Session und brachte mich auf andere Gedanken. Nach der Veranstaltung dann endlich ein bekanntes Gesicht, beziehungsweise ein bekannter Twittername, der einen auch erkennt. Danke an dieser Stelle an Claus, der mir das erste Mal Heimatgefühl auf dem Camp verschafft hat, in dem er mich erkannte und von dieser Stelle an immer wieder eine sichere Ansprechperson war, wenn ich mich mal verloren in der Masse fühlte.

Mit mehr Selbstbewusstsein ging es nun also zurück in die Haupthalle und zielstrebig zur nächsten Person, von der ich mir erhoffte, dass sie mich auch kennt.

Und dann ging alles sehr schnell – binnen Minuten wurde ich von einer bekannten Person zur nächsten geleitet, bis mir klar wurde, dass ich jede*n auf diesem Barcamp irgendwoher kannte. Leute fragten über Twitter wo ich denn sei, weil sie mich schon gesucht hätten. Es wurde sehr viel umarmt und geplaudert. Grüße an dieser Stelle vor allem an Nora, Wiebke und Tanja! ♥

Beim Mittagessen wurde lustig miteinander geschwatzt, wonach es zur nächsten Session ging und bevor ich es mir versah, war ich mit einer Gruppe sehr netter Leute unterwegs in der epischen Quest Abendessen zu beschaffen. Danach ging es mit Aurelia zur Nachtsessionplanung.

(Sessionthemen: Twitterfanbase aufbauen, Jugendliche Leserschaft erreichen, Genres, Toxische Beziehungen als Lovetrope, Weltenbau mit Videospielen/PnP)

Worum es geht

Das war für mich der erste wirklich bleibende Eindruck des Litcamps: man findet sich wirklich schnell ein. Was am Anfang nach einer unfassbar großen Menschenmenge aussieht, wird rasch kleiner, bis man seine Onlinefamilie darin wiedererkennt. Man lacht, blödelt herum, knüpft neue Kontakte (meine persönliche Entdeckung des Camps ist ja Bianca, die eine meiner Lieblingssessions zum Thema Genre gehalten hat und ein wundervoller, erfrischender Mensch ist) und geht von Grüppchen zu Grüppchen, wird von jedem angelächelt und aufgenommen.

Der zweite bleibende Eindruck war der Respekt. Nicht nur, dass nichts gestohlen wurde und jede*r von jedem als gleichwertig angesehen wurde – auch die Tatsache, dass ich bei einer schwierigen Session eine Pause brauchte und komplett in Ruhe gelassen wurde. Wer auf dem Litcamp eine Pause braucht, bekommt sie auch.

Gleichzeitig wird man aber auch von der Freundschaftlichkeit übermannt, die in der Luft liegt. Menschen, die man eigentlich nur online kennt stehen auf einmal vor einem und es ist, als wäre man seit Jahren befreundet. Ob es nun die lieben Kolleginnen vom Nornennetz, meine Geschichtsschwestern im Geiste Aurelia und Francis, die großartige Joy und der fantastische Karl-Heinz Zimmer – ich hatte zu allen Zeiten nette, wundervolle Menschen um mich herum.

Zurück zum Thema, bevor ich hier wieder den Litcampblues in mir selber wecke (zu spät, aber egal).

Die Nachtsession

Nachdem wir ein bisschen überrumpelt von dem Interesse an unserer Session waren, bemerkten Aurelia und ich, dass wir dabei gestreamt werden. Na klasse. Wir richteten also unsere Folien, machten uns bereit und dann ging es los.

Ich stotterte die ersten zehn Minuten unprofessionell in die Kamera, während Aurelia seelenruhig neben mir über Jamie Lannister herzog und dann kamen die ersten Lacher aus dem Publikum und alles wurde ganz leicht. Das ist auch ein Teil des Litcamps: zu lernen, dass man keine Angst vor den Menschen im eigenen Publikum haben muss. Sie sind da, weil sie sich für die Session interessieren und man kann eigentlich nicht wirklich was falsch machen. Es ist ein Barcamp – so lange alle Spaß haben, läuft es.

Rund 15 Personen hörten uns anfangs dabei zu, wie wir über das Mittelalter und die Klischees aufregten und unsere Fachgebiete humoristisch gegeneinander ausspielten.

Im Hintergrund gab es Waffeln, was immer mehr Leute dazu bewegte, uns zuzuhören. Am Ende waren es etwa 30 Menschen, die uns applaudierten, bevor wir von Komplimenten quasi erdrückt wurden. Ein komisches Gefühl, was bis heute nicht ganz bei mir angekommen ist. Man erzählt was über Kleidung im 14. Jahrhundert und Leute sind super interessiert, hören zu, stellen fragen und finden das Ganze am Ende gut. Das hat man als Historikerin nicht oft, weswegen der Abend dementsprechend beschwingt endete.

Zuhause bei Eva durfte ich dann Katzen kuschelnd ein paar Stunden Schlaf aufholen, bevor es am nächsten Morgen direkt wieder nach Heidelberg ging.

Der zweite Tag

Nach dem anfänglichen Chaos wurde während dem ersten Sessionspot spontan eine zweite Session von Historikerinnenduo geplant, die wir vorstellten und diesmal in einem kleineren Raum (der dementsprechend voll war) halten durften. Dieses Mal ging es um Burgen und wieder war ich von der positiven Rückmeldung komplett erschlagen.

Besonderen Dank an dieser Stelle an die Menschen, die über uns getwittert haben. Sprüche wie „Ziegen sind Arschlöcher“, „Niederadel war das GZSZ des Mittelalters“ und „Niemand mag Franken“ habe ich heute noch in der Timeline und ich muss jedes Mal darüber lachen.

Ebenfalls ein Highlight war es, als jemand meinte, man komme nicht mehr mit dem twittern hinterher. Ich persönlich sehe das als eines der größten Komplimente, die man auf einem Barcamp während eines humoristischen Vortrages bekommen kann.

(Sessions, die ich am Sonntag besucht habe: Sicherheit für Blogs, Regeln brechen)

Tja und dann war das Litcamp vorbei. Das heißt, irgendwie auch nicht. Denn während die meisten nach der ersten Aufräumwelle gingen, blieb ich mit dem harten Kern der Saubermach-Mannschaft zurück und konnte für zwei weitere Stunden den Spaß, die Gespräche und die komplette Atmosphäre genießen, während wir das Litcamp in Kisten und ein sehr volles Auto packten.

Es ist ein seltsames Gefühl, wenn das Aufräumen fast mehr Spaß macht, als der Rest. Aber dadurch, dass es nun weniger Menschen waren und man im Gegenteil zum restlichen Camp auch mal wirklich längere Zeit mit denselben Leuten verbrachte, war es viel entspannter.

Zum Abschluss ging es mit ein paar sehr großartigen Menschen Pizza essen (hier das obligatorische Beweisfoto), ich wurde zur Haltestelle gebracht und dann war ich auch schon auf dem Heimweg. Im Herzen noch in Heidelberg, in der Realität in einem sehr stickigen Bus.

Fazit

Das Litcamp ist nichts für alle. Ich weiß, dass man das oft hört, aber das Camp kann wirklich sehr erdrückend sein und der schnelle Wechsel zwischen Sessions, Personengruppen und dem allgemeinen Stress hinterlässt Spuren.

Ich persönlich nehme mir fürs nächste Camp vor, mehr bei einer Personengruppe zu bleiben und nicht dauerhaft durch das Gelände zu rennen, um auch ja alle Leute zu treffen. Es sind nur zwei Tage, in denen man schon genug beansprucht wird.

Wenn also jemand nicht hin möchte, kann ich das bestens verstehen. Falls ihr jedoch überlegt, ob es etwas für euch ist und ihr euch entscheidet hinzugehen, erwartet euch ein Wochenende voller netter Menschen, neuer Erfahrung und wirklich sehr gutem Essen.

Ansonsten möchte ich mich bei denen bedanken, bis zum Ende mit aufgeräumt haben. Besonders natürlich bei Teilen des Orgateams, die ich in diesen letzten paar Stunden richtig kennenlernen durfte. Ihr habt mir nochmal gezeigt, dass es nicht nur darum geht alle Leute zu treffen, Selfies zu machen, zu netzwerken und sich von Session zu Session zu jagen.

Es geht beim Litcamp vor allem darum Spaß mit netten Menschen zu haben und sich über Themen zu unterhalten, die einen begeistern. Alles andere kommt von selbst.

Aber das ist, denke ich, etwas, was jede*r beim ersten Barcamp lernt.

 

Geschichte des Dramas

Die Geschichte des Dramas

Geschichte des Dramas


Licht an, Bühne frei – heute wirds dramatisch.


Aber was ist das eigentlich, ein Drama? Ist das nicht das, was in meiner Lieblingsdokusoap passiert? Mit Drama meine ich natürlich das Theaterstück. Woher das kommt, wie es sich entwickelt hat und was man sonst noch so generell darüber wissen sollte, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Kurze Geschichte des Dramas

Drama ist ein altgriechisches Wort und bedeutet Handlung. Unter Drama fallen generell alle Texte, in denen es verteilte Rollen gibt. Es ist neben Epik und Lyrik eine der Hauptgattungen für Literatur. Heute wird es auch oft Theater genannt, wobei Theater selbst aus dem Altgriechischen stammt und so viel wie ‚Schauplatz‘ bedeutet.

Das antike Griechenland ist der Geburtsort des Dramas. Erste Schriften stammen von Aischylos (525-455 v. Chr.), Sophokles (496-406 v. Chr.), Euripides (480-407 v. Chr.) und Aristophanes (445-385 v. Chr.). Der bekannte Philosoph Aristoteles (384-322 v. Chr.) war es, der etwa 350 v. Chr. aus den bisher bekannten Dramen eine Theorie entwickelte. Er setzte den Grundstein für das (noch heute bekannte) Freytagsschema (von Gustav Freytag, 1863) fest, zu dem ich nachher mehr schreiben werde.

Im Spätmittelalter entwickelte sich die Commedia dell‘Arte in Italien. Neben den Jesuitendramen und den barocken Opern bildete diese Commedia die Grundlage der Dramatik bis ins 17./18. Jahrhundert. Dann entwickelte sich eine Wendung zurück zu den Wurzeln, wie sich an den französischen Dramen von Moliere und Voltaire, den Werken von Racine und Shakespeare (der etwas früher dran war, als seine mitteleuropäischen Kollegen) zeigt.

In Deutschland entwickelte sich das Drama etwas langsamer. Ausgehend vom Volksdrama/Schwank (15. Jahrhundert) entwickelten sich vor allem um das Christentum herum dramatische Werke. Die Aufklärung grub die bekannten Gattungen um und schrieb dem Theaterstück vor allem eine erzieherische Funktion zu. Obwohl man sich anfangs bemühte, eine Art ‚Deutsches Nationaldrama‘ zu gründen, wurden das Schuldrama/Jesuitendrama, das Humanistendrama und der Schwank irgendwann nicht mehr weiterentwickelt. Stattdessen bemühte man sich das französische und/oder das englische Drama in Deutschland umzusetzen. Im 18. Jahrhundert erschienen vor allem Lustspiele (Minna von Barnhelm, Lessing), Bürgerliche Trauerspiele (Emilia Galotti, Lessing) und dramatische Gedichte (Nathan der Weise, Lessing). Diese bildeten die Grundlage, für das neue deutsche Theater. Sturm und Drang, Weimarer Klassik und (mehr oder minder auch) die Romantik führten dies fort und brachten das Drama in das 19. Jahrhundert. Insbesondere Goethe, Schiller und Kleist gestalteten das Theaterstück in Deutschland aktiv mit.

Das moderne Drama verdankt seinen Charakter unter anderem Friedrich Hebbel und Georg Büchner, die Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts Stücke schrieben. Eine wirkliche Revolution erlebte das deutsche Drama nochmals, als das Volksstück/Volkstheater neu belebt wurde. Auch Hauptmanns naturalistische Dramen formten die Gattung im 20. Jahrhundert mit.

Verschiedene Formen des Dramas

Etwas anschaulicher wird diese Geschichte, wenn man zentrale Formen heraussucht und anhand von Beispielen ein bisschen erklärt. Im Folgenden schauen wir uns mal das klassische Drama, die Commedia dell‘Arte, das Jesuitendrama, einige Unterarten des Volksdramas, die Theaterarten des 20. Jahrhunderts und das epische Theater an.

Fangen wir mal ganz am Anfang an:

Ursprünglich sollte das Drama im Gegensatz zu der Epik keine feste Geschichten erzählen, sondern das Verhalten von Menschen widerspiegeln (daher auch die direkte Rede) und somit eine Katharsis (Reinigung) beim Zuschauer bewirken. Das ganze wurde von Aristoteles eingeteilt in Komödie und Tragödie.

Oft wurden Figuren entweder für ihr plumpes Verhalten lächerlich gemacht/bestraft oder für richtiges, moralisches Verhalten gelobt. Ersteres dominierte, da man der Meinung war, dass Menschen aus Negativbeispielen mehr mitnahmen. Das Ganze wurde im 19. Jahrhundert von Gustav Freytag eingeteilt in das heute bekannte Freytagsschema.

Demnach spiegeln die typischen fünf Akte folgende Handlungspunkte:

1. Exposition (Einführung)

2. erregendes Moment (Steigerung/Beginn der aktiven Handlung)

3. Höhepunkt/Peripetie (Wendepunkt)

4. retardierendes Moment (fallende Handlung)

5. Katastrophe/Resolution (Auflösung die entweder positiv oder negativ ausfällt)

All dies wird hinterlegt von einem Chor, welcher wie ein Kommentator musikalisch über das Geschehende philosophiert. Die Einheit der Zeit (2 Stunden Handlung = 2 Stunden Theater) und die abgeschlossene Haupthandlung (Anfang, Mittelteil, Ende) gehören ebenfalls zu den Anforderungen des klassischen Dramas. Ein Beispiel hierfür ist Iphigenie in Aulis von Euripides.


Exkurs: Diese Art des Theaterstücks nennt man geschlossenes Drama. Offene Dramen beinhalten Szenen, die nicht logisch aufeinander aufbauen, sowie Zeitsprünge und für die Handlung unwichtige Charaktere. Im Gegensatz zum geschlossenen bildet nicht eine Szene/ein Akt den Höhepunkt (Peripetie). Alle Szenen sind gleichgestellt.


Die Commedia dell‘Arte stammt aus dem Spätmittelalter (im Mittelalter an sich gab es vor allem religiöse Dramen ohne wirklichen Bezug zum klassischen Drama. Das Theaterstück war jedoch auch nicht sonderlich beliebt und wurde erst ab dem 14. Jahrhundert wieder bekannter) und ist eine Mischung aus festen Formen und vollkommener Freiheit. Die Charaktere der Commedia sind immer gleich, ihre Masken, Kostüme und Schauspieler wechseln nicht. Die Geschichten sind jedoch improvisiert und weisen viel Akrobatik auf. Es gibt keine Skripte und damit auch keine heute untersuchbaren Aufführungen. Alleinig die Charaktere und ihre Rollen sind uns bekannt.

Im Barock entwickelten sich Dramen zunehmend wieder in kirchliche Richtung. Theaterstücke von Lehrern, für ihre Schüler (Schuldramen) wurden immer populärer. Dieser Prozess fand vor allem an jesuitischen Schulen statt, woraus sich das Jesuitendrama als eigene Gattung entwickelte. Es wurde in der Gegenreformation geboren und sollte Zweifler von der Überlegenheit der katholischen Kirche überzeugen.

Typisch für den Barock finden sich zahlreiche derbe Thematiken in den Stücken. Im Gegensatz zum (zeitgleich aufkommenden) Schwank, wurden diese Dramen jedoch ausschließlich auf Latein aufgeführt. Für die Zuschauer gab es Periochen (Programmhefte mit deutscher Übersetzungshilfe). Kirchengeschichte, Märtyrer, Missionare und Heiligenlegenden bildeten den Stoff für über 7.500 Dramen im (erweiterten) 16. Jahrhundert.

Ab dem 18. Jahrhundert entwickelten sich zahlreiche Dramenformen (Lustspiel, Schauspiel, Tragikkommödie, Bürgerliches Trauerspiel), welche sich fast alle auch in der Tradition des Volksdrama finden. Dieses entwickelte sich aus der Commedia dell‘Arte und bildete eine deutsche Version davon. Feste Charaktere gab es zumindest teilweise (Hans Wurst, Herr und Knecht) und auch das Script war gemischt zwischen Improvisation und festem Dialog. Oft gab es lose Angaben für Hans Wurst (dessen einzige Aufgabe es war, witzig zu sein) und festgesetzte Angaben für alle anderen. Volksstücke handeln vom Volk. Das ist der entscheidende Unterschied zu den bisherigen Dramen. Sie unterteilen sich theoretisch in Unterkategorien wie Lokalposse, Zauberspiel oder Besserungsstück. Allerdings überlappen sich diese Kategorien bei fast allen Stücken. Oft waren die Schriftsteller selber Schauspieler, welche ihre eigenen Stücke mit umsetzten. Ein schönes, bekanntes Beispiel bietet Das vierte Gebot von Ludwig Anzengruber.



Volksdramen wurden von Marieluise Fleißer und Ödön von Horváth im 21. Jahrhundert neu belebt und erfüllen bis heute das gleiche Ziel. Sie sollen dem Volk einen Spiegel vorhalten. Negatives Verhalten steht im Zentrum, sowohl von den oberen, als auch den unteren Schichten. Ein modernes Beispiel findet sich bei Marie-Luise Fleißers Fegefeuer in Ingolstadt.


Wer sich mehr über das Volksstück informieren möchte, kann sich auch diese Blogreihe ansehen.



Im 20. Jahrhundert dominierten Formen des sozialen und analytischen Dramas. Neue Medien nahmen einen entscheidenden Platz in Theateraufführungen ein und politische Themen wurden mehr und mehr zum Zentrum. Kritik an der Zensur in der Weimarer Republik, der aufsteigende Nationalsozialismus, sowie sozialpolitische Themen wie Abtreibung, Verlust der Religion und Selbstmord wurden bis in die 1930er auf den Bühnen (und teilweise im Geheimen) aufgeführt. Bereits in den 20ern wurden zahlreiche Politiker*innen, Aktivist*innen und Schriftsteller*innen festgenommen und schrieben im Gefängnis weiter (wie beispielsweise Ernst Toller und seine sozialkritischen Werke Masse-Mensch oder Hoppla wir leben). Dann gab es eine scharfen Zäsur und die Dramenproduktion stoppt fast komplett (aus bekannten Gründen) bis in die 50er. Ebenfalls einschneidend sind die zahlreiche Suizide von Schriftstellern in den 40ern und 50ern, die nach ihrer Flucht aus Deutschland ihr Leben beendeten (hier bietet ebenfalls Ernst Toller ein trauriges Beispiel).



Das epische Theater wurde von Bertolt Brecht erfunden und revolutionierte das Drama im 20. Jahrhundert. Es ist eine offene Dramenform, die zusätzlich einen Erzähler hat. Dieser ermöglicht es dem Drama ohne tragische Heldenfiguren auszukommen. Das Geschehen wird objektiv dargestellt, Missstände sind besser erkennbar. Der Fokus wird vom Wiedergeben menschlichen Verhaltens zu der Darstellung der Gesellschaft gelegt. Zeit, Raum, Handlung und Komposition werden außer Kraft gesetzt. Wichtiger Bestandteil ist der sogenannte V-Effekt oder auch Verfremdungseffekt. Dieser ist ein Stilmittel, welches durch Unterbrechen der Handlung mit Kommentaren/Einschüben des Erzählers die Illusion einer richtigen Handlung zerstört und daran erinnert, das große Bild zu sehen. Das epische Theater bildete einen grundlegenden Gegenpol im Nationalsozialismus, da es offen und hart gegen die Diktatur und die Mittel der Zeit kritisierte. Wer ein Beispiel möchte, kann sich Bertolt Brechts und Elisabeth Hauptmanns Dreigroschenoper ansehen.



Wir sind zu nahe am aktuellen Geschehen, um Muster zu erkennen und das Drama im 21. Jahrhundert wirklich zu kategorisieren. Bisher spricht man vor allem vom postdramatischen Theater, also einer Strömung, welche sich durch Ein-Mann-Stücke, abstrakte Theaterformen und Performance statt Handlung auszeichnet. Gesellschaftskritik und politische Themen, wie auch Naturschutz und Reflexion der Menschheit an sich sind häufige Themen.


So und wenn ihr jetzt angefixt seid, und wissen wollt, wie man so was denn heutzutage schreibt, dann schaut doch mal beim Sven Hensel rein: Wie man ein Theaterstück schreibt.