Carolina De Robertis: Perla [Rezension]

aaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Perla

– Rezension –


TW: Diktatur, Adoption, Mord, Folter


Für diese Rezension wurde die Übersetzung von Cornelia Holfelder von der Tann gelesen, die 2014 bei Fischer erschien.

Inhalt

Perla, die Protagonistin und Titelgebende des Romans, wächst in Buenos Aires als Einzelkind einer wohlhabenden Familie auf. Ihre Eltern werden als harsche Stereotypen dargestellt (die Mutter wunderschön, aber unnahbar, der Vater strenger Offizier).

Als Perla im Rahmen eines Schulprojekts 2001 ein Gedicht über die schreibt, die während der Militärdiktatur verschwunden sind, weil sie sich dem Ganzen widersetzt haben, wird ihr Vater wütend erteilt ihr Hausarrest. Auch ihre Freundin Romina wendet sich von ihr ab. Spätestens hier ahnt Perla, dass ihre Eltern eine dunkle Vergangenheit haben, will das Ganze jedoch aus Liebe zu ihnen nicht weiter verfolgen. Jahre später studiert sie und ist für eine Weile alleine zu Hause, da die Eltern verreist sind. Sie bekommt ungewollten Besuch, ein nackter, nasser, verdreckter Mann liegt auf ihrem Teppich. Durch ihn muss Perla die Vergangenheit beleuchten und erfährt nicht nur, was es mit ihren Eltern auf sich hat, sondern auch woher sie selbst kommt.

Identitätssuche und Geschichtsstunde

Wie auch schon bei Mein Name ist Luz steht die Suche nach dem Selbst im Vordergrund. Die beiden Protagonistinnen gehen diese Suche jedoch völlig unterschiedlich an. Perla ist ein reiches, verwöhntes Einzelkind – sie will eigentlich gar nicht wissen, was sich vor Jahren abgespielt hat.

In der Schule muss sie sich mit der Militärdiktatur von 1976-1983 auseinandersetzen, die mit sich brachte, dass unliebsame Menschen auf einmal fort waren. Sie werden die ‚Verschwundenen‘ genannt. Tausende Männer und Frauen wurden als Regierungsgegner*innen gebrandmarkt, abgeholt und kehrten nie mehr heim. Heute weiß man, dass die meisten auf brutale Art und Weise ermordet und gefoltert wurden.

Perla wird dazu gezwungen sich bewusst zu machen, dass auch ihre Familie nicht unschuldig ist und deckt langsam aber sicher die Geschichte ihres Landes und ihrer selbst auf. Es ist von den Protesten der Frauen die Rede, die mit weißem Kopftuch auf die Straße gingen, ebenso wie von den Spätfolgen für die direkten Verwandten der ‚Verschwundenen‘ bis heute.

Die Kinder der ‚Verschwundenen‘ wurden oft von hochrangigen Militärs adoptiert. Perla erkennt, dass sie eines dieser Kinder ist und ihr wird klar, dass ihr gesamtes Leben eine Lüge ist.

Fazit

De Robertis lässt in ihrem Roman die Gegenwart und die Vergangenheit miteinander verschmelzen und schreibt ein Aufklärungswerk über all das Grauen, dass die Argentinier*innen in den letzten Jahrzehnten erlitten. Sie verpackt all das in die mitreißende Geschichte von Perla, einem Mädchen, dass man zu Beginn der Geschichte nicht mögen kann, so verwöhnt und naiv wie sie ist, doch dann rollt sich ihre Vergangenheit auf und mit ihr zeigt sich, wer Perla eigentlich ist und wer sie sein will.

Autor: Michelle Janßen

Michelle Janßen ist eine süddeutsche Bloggerin, Journalistin und Autorin. Sie studiert deutsche Literaturwissenschaft und Geschichte. Auf Büchnerwald bloggt sie medienkritisch über Politik, Geschichte und (online) Medien.

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